Hier haben wir einige grundlegende Begriffe, auf die wir während unseres Tutoriums gestoßen sind nocheinmal für euch definiert und aufbereitet.
Abschiebung bezeichnet die Ausweisung eines Migrant:in aus einem Land unter Anwendung von (polizeilichen) Zwangsmitteln, wenn diese:r kein Aufenthaltsrecht (mehr) genießt und einer Aufforderung zur Ausreise nicht freiwillig nachkommt.
bpb Glossar Migration – Integration – Flucht & Asyl , abgerufen am 17.10.2023 von https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/glossar-migration-integration/270330/abschiebung/
Aufnahmeeinrichtung für Menschen, die bereits Asyl in Serbien beantragt haben/ beantragen wollen. Nicht als temporäre Tranitunterkunft angedacht, z.T. nur Einlass bei Beantragung von Asyl in Serbien.
UNHCR, abgerufen am 15.07.2023 von https://help.unhcr.org/serbia/where-to-seek-help/asylum-and-reception-centres/
Ein theoretisches Konzept, welches auf Moulier Boutang (2007) zurückgeht und sich aus einer historisch-materialistischen Geschichtsinterpretation ergibt . Das Konzept beruht auf der Annahme, dass Grenzen ein Aushandlungsraum darstellen und sich erst auf Basis von Kämpfen ('border struggles') die an den Grenzen stattfinden konstituieren. Migration, als räumliche und soziale Bewegung, entspricht somit einem dynamischen und konstitutivem Element in Grenzziehungsprozessen (Scheel, 2015), welches zur gesellschaftlichen Transformation beiträgt (Hess & Schmidt-Sembdner, 2021). Wichtig ist hierbei das Konzept nicht zu missinterpretieren und anzunehmen, dass Migrant*innen autonom wären. Das Konzept entspricht keinem Solgen, sondern ist "vielmehr eine Methode, ein Ausgangspunkt, ein heuristisches Modell, und nicht die Antwort auf eine Frage“ (Moulier Boutang, 2007).
Boutang, Y. M. (2007). Europa, autonomie der migration, biopolitik. Empire und die biopolitische Wende, Frankfurt am Main, Campus, 169-178.
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Scheel, S. (2015). Das Konzept der Autonomie der Migration überdenken?–Yes Please![Rethinking the Concept of Autonomy of Migration?–Yes Please!]. Movements, 1(2), 1-15.
Die 'Balkanroute' ist die Wegstrecke vom Nahen Osten nach Europa. Seit Jahrhunderten wird sie für Handel- und Warentransfer, als Reiseroute – und auch von Menschen auf der Flucht genutzt. Als ein sogenannter “Fluchtkorridor” existierte somit bereits vor den Migrationsbewegungen 2015 und der damit verbunden medialen Aufmerksamkeit. Die 'Balkanroute' verläuft durch eine Vielzahl unterschiedlicher Länder. Aufgrund nationaler sowie EU-politischer Entwicklungen sind Menschen mit einer Vielzahl an Hindernissen konfrontiert, welche sie ständig überwinden oder umgehen müssen, um ihr Ziel zu erreichen.
Im Kontext von Flucht und Migration sollte somit nicht von einer "Route" gesprochen werden, damit nicht fälschlich suggeriert wird, dass diese für People on the move existiert. Darüber hinaus muss der Begriff Balkan kritisch reflektiert werden, da Balkan u.a. da es oft als ein verkürztes Synonym für Südosteuropa verwendet wird, jedoch eine geographisch nicht eindeutig definierte Halbinsel im Südosten Europas darstellt.
Balkanbrücke, abgerufen am 15.07.2023 von https://balkanbruecke.org/entwicklung-der-balkanroute/
Das EU-Grenzregime lässt sich als multiskalare Assemblage verstehen, bestehend aus Agenturen der EU wie FRONTEX (Europäische Grenz- und Küstenwache), Institutionen des europäischen Rechts (wie das Gemeinsame Europäische Asylsystem) und Standardisierungs- und Harmonisierungsprozessen innerhalb der EU, vor allem im Bereich des Grenzmanagements (‚Integriertes Grenzmanagement‘ genannt)“ (Hess und Schmidt-Sembdner, 2021).
Durch die Schaffung des Schengenraums, wird die Außengrenze zum zentralen Mechanismus der Migrationskontrolle. Obwohl dieses Projekt vorerst außerhalb des offiziellen EG/ EU-Rahmens stattfand, war dieser weltweit einzigartige Prozess der Regionalisierung und der supranationalen Harmonisierung eine treibende Kraft für einen beschleunigten und vertieften Prozess der Europäisierung, der im Vertrag von Amsterdam (1999) und später im Vertrag von Lissabon (2009) gipfelte.
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Kasparek, B. (2019). Europas Grenzen: Flucht, Asyl und Migration; eine kritische Einführung. Bertz und Fischer.
Unter Externalisierung versteht man die Ausdehnung von Grenzen/Grenzkontrollen durch outsourcing (Auslagerung von Aufgaben) und/oder offshoring (Strategien der Verlagerung von Grenzkontrollen nach außen) (Buckel, 2011). Die Instrumente und Ansätze der Externalisierungspraktiken unterscheiden sich in verschiedenen Kontexten und umfassen ein Zusammenspiel (Assemblage) von Funktionen, Mechanismen und Akteuren, sowohl auf Seiten der EU-Institutionen als auch auf Seiten der Mitgliedstaaten (Bialasiweicz, 2013) und anderen Akteuren, wie Internationalen Organisationen.
Buckel, S. (2011). Das spanische Grenzregime. Outsourcing und Offshoring. Kritische Justiz, 44(3), 253-261.
Bialasiewicz, L., Giaccaria, P., Jones, A., & Minca, C. (2013). Re-scaling ‘EU’rope: EU macro-regional fantasies in the Mediterranean. European Urban and Regional Studies, 20(1), 59-76.
Der Begriff wird international rechtlich durch die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 definiert. Regionale Übereinkommen verwenden teilweise abweichende Definitionen. Im allgemeinen Sprachgebrauch 'Flüchtling' eine Person, die ihre Heimat oder ihren vorherigen Aufenthaltsort wegen politischer Zwangsmaßnahmen, Kriegen oder lebensbedrohlicher Notlagen vorübergehend oder dauerhaft verlassen hat.
Der Begriff 'Flüchtling' wird von bestimmten Organisationen vermieden, da dieser nicht die Komplexität von Fluchterfahrungen widerspiegelt und zu oft ein weltpolitischer Spielball ist. Um die Gesamtheit der Erfahrungen von Menschen darzustellen.
Quelle: Wikipedia, abgerufen am 15.07.2023 von https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCchtling
'Geflüchtete' gilt als Alternativer Begriff für 'Flüchtling'. 'Geflüchtete' Menschen betont, dass die Flucht bereits abgeschlossen ist und einen stärkeren Fokus auf das Verlassen des Heimatlandes legt. Im Gegensatz zu anderen Begriffen besitzt der Begriff keine juristische Bedeutung und schließt damit auch Menschen ein, die keinen offiziellen Status besitzen.
Quelle: Kompetenzverbund Kulturelle Integration und Wissenstransfer KIWi: Von Flüchtlingen, Geflüchteten und Refugees: Sprache über Flucht und Asyl, abgerufen am 15.07.2023 von https://www.kiwit.org/media/material-downloads/190628_hkw_kiwit_frankfurt_onlinepdf_press.pdf
Grenzen sollten nicht als "fester Punkt in Raum oder Zeit" betrachtet werden, sie symbolisieren vielmehr eine soziale Praxis der räumlichen Differenzierung. Insbesondere die zunehmende Technologisierung von Grenzen hat eine Ausweitung der Grenzen auf weitere Bereiche ermöglicht. Um diese Entwicklungen der “biopolitischen” Grenze zu erfassen, werden neue Begriffe verwendet, wie: border zones, borderlands oder borderscapes. Gleichzeitig beinhalten diese Konzepte Ideen mobiler, veränderlicher, selektiver und differenzierter Grenzsituationen. Es wird auch von „mobile borders“ (Kuster/Tsianos 2014) oder „networked borders“ (Rumford 2006) gesprochen. Diese Begriffe sind mit einem Verständnis von Grenzen als sozialem Prozess verbunden (Houtum und Naerssen, 2002).
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Kuster, B., & Tsianos, V. (2014). Zur Digitalisierung der europäischen Grenze. Der Fall Eurodac. Cilip: Bürgerrechte und Polizei, 105, 61-68.
Rumford, C. (Ed.). (2013). Citizens and borderwork in contemporary Europe. Routledge.
Van Houtum, H., & Van Naerssen, T. (2002). Bordering, ordering and othering. Tijdschrift voor economische en sociale geografie, 93(2), 125-136.
Ein Regime definiert als »Ensemble von gesellschaftlichen Praktiken und Strukturen – Diskurse, Subjekte, staatliche Praktiken« (Karakayalı, Tsianos, 2007). Ein Migrationsregime ist geprägt durch institutionelle Arrangements und staatliche Migrationspolitiken, wird gleichzeitig aber auch gestaltet und immer wieder herausgefordert durch die sozialen Praktiken einer Vielzahl von Akteur:innen.
Karakayalı, S., & Tsianos, V. (2007). Movements that matter. Eine Einleitung. In Turbulente Ränder: Neue Perspektiven auf Migration an den Grenzen Europas (2. Auflage) (pp. 7-22). transcript Verlag.
Konzept von Robert Rydzewski zu "Hypermobilität" von People on the move, die entlang der geschlossenen, sog. "Balkanroute" versuchen in die EU zu migrieren. Er versteht hierbei "hope" als den Antrieb weiterzumachen, institutionalised "waiting" als Ursache und "mobility" als Ausweg/Reaktion der Menschen um Hoffnung aufrechterhalten zu können, trotz der Tatsache in verschiedenen Ländern "festzustecken" und immer wieder deportiert/gepush-backed zu werden.
Rydzewski, R. (2020). Hope, Waiting, and Mobility. Migrant Movement in Serbia after the EU-Turkey Deal. Movements. Journal for Critical Migration and Border Regime Studies, 5(1).
Eine einheitliche Definition für eine Humanitäre Krise gibt es nicht. Die Malteser International definieren beispielhaft eine Humanitäre Krise auf ihrer Website wie folgt:
'Von einer humanitären Krise ist meist die Rede, wenn durch ein oder mehrere Ereignisse der Bevölkerung oder Teilen der Bevölkerung eines Landes grundlegende Existenzbedingungen wie der Zugang zu Wasser, Lebensmitteln, Unterkünften, medizinischer Versorgung und Bildung entzogen werden und die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung auf lange Sicht bedroht ist.'
Der Auslöser ist dabei irrelevant. Die Frage, ob es sich um eine Ausnahmesituation handelt, ist sehr subjektiv. Humanitäre Krisen sind daher nur ein Konstrukt, das subjektiv eine tatsächliche Situation beschreibt. Da eine Ausnahmesituationauch eine außerordentliche Antwort oder Intervention erfordert, kann die Bezeichnung einer Situation als humanitäre Krise als Rechtfertigung für eine ungewöhnliche Maßnahme genutzt werden. Für humantiäre Akteur*innen ist die Deklaration einer Situation als humanitären Krise für die Mobilisierung von Ressourcen relevant und je nach Organisation auch für eine Teil- oder Stellungsnahme.
Malteser International, abgerufen am 18.10.2023 von https://www.malteser-international.org/de/themen/humanitaere-krisen.html
Wikipedia, abgerufen am 18.10.2023 von https://en.wikipedia.org/wiki/Humanitarian_crisis
Unter 'Humanitarisierung der Grenze' beschreiben die Migrationsissenhaftler:innen Hess und Schmidt-Sembner die Veränderung des Migrations-Diskurses hin zu einem humanitäristischen Diskurs. Hierbei werden Externalisierung und Verschärfung der Grenzkontrollen als 'humanitäre Geste des Schutzes' und des 'Anti-Traffiking' legitimiert, während die an den Grenzen entstehende Situation mithilfe Humanitärer Hilfe aufzufangen versucht wird.
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Von Sapoch (2018) definierte Akteur:innengruppe, die primär außerhalb der regulären/offiziellen Strukturen agieren und häufig einen politisch-aktivistischen Hintergrund haben. In der Regel arbeiten die Gruppen auf (internationaler) Freiwilligenbasis und finanzieren sich über Spenden/Crowdfunding.
Sapoch, J. M. (2018). Europe’s Outsourced Refugees: Contextualizing NGO work in the “Calais of the Balkans”.
Die von Sapoch (2018) definierte Kategorie Institutional Domestic beinhaltet Organisationen die "highly 'professionalized'" arbeiten, was bedeutet, dass ein westlicher Organisationsstil nachgeahmt wird. Organisationen, die der Kategorie zugeordnet werden können, sind lokal verankert und existieren häufig schon seit den sogenannten Balkankriegen in den 1990er Jahren. Die Gruppen sind häufig stark hierarchisch organisiert und ihr Aufgabenfokus liegt v.a. in der Lobbyarbeit oder Beratung zu nationalen Migrationsfragen, dem psychosozialen und rechtlichen Support von Asylbewerber*innen sowie dem erstellen von Berichten über die betreute Gruppe. Institutional Domestic Gruppen kooperieren häufig mit internationalen Organisationen wie z.B. der UNHCR oder IOM oder der staatlichen Institutionen KIRS (Commissariat for Refugees), wodurch sie Zugang zu staatlichen Organisationen wie z.B. Asyl- oder Transitzentren erhalten.
Sapoch, J. M. (2018). Europe’s Outsourced Refugees: Contextualizing NGO work in the “Calais of the Balkans”.
International Organizations (IOs), auch Intergovernmental Organizations (IGOs) genannt, sind legale Körperschaften im internationalem System. Sie sind nicht nur in einem Staat angesiedelt sondern werden in der Regel von mehreren Mitgliedsstaaten getragen. Dies ist der Unterschied zu Internationalen Non-Governmental Organisations (INGOs). Zu den IOs gehören die UN und all ihre Organe, wie zum Beispiel UNHCR oder IOM, aber auch die EU, die Weltbank, Interpol oder NATO.
Wikipedia, abgerufen am 18.10.23 von https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Organisation
Sapoch (2018) verwendet in der Untersuchung der Unterstützungsstrukturen für PoM in Serbien neben "Independent", "domestic institutional" und "domestic non-institutional" auch die Kategorie "International" um die verschieden Gruppen zu vergleichen. Hierbei deckt sich die Definition NICHT mit der von International Organizations (IOs) oder der von International Non-Governmental Organizations (INGOs), sondern ist deutlich weiter gefasst. Sapoch meint mit dem Begriff große Organisation die nicht in Serbien basiert sind aber dort ein lokales Projekt durchführen. Die Größe der Organisation ist nicht genau definiert, zum Beispiel No Name Kitchen (NNK) für Sappoch eine "independent" Gruppe, obwohl sie in Spanien als NGO registriert ist.
Sapoch, J. M. (2018). Europe’s Outsourced Refugees: Contextualizing NGO work in the “Calais of the Balkans”.
Als 'Internes Regime' definieren Hess & Schmidt-Sembdner eines der 4 Paradigmen des Europäischen Grenzregimes. Das Interne Regime beschreibt hierbei Prozesse der Europäisierung, welche die Institution des Asyls durchdrungen haben. Konkret wurde ein gemeinsames System geschaffen, z.B. das GEAS auf dessen Grundlage die Dublin-Verordnung, sowie die EURODAC-Datenbank etabliert wurde (Hess & Schmidt-Sembdner, 2021). Diese zielen laut den Autor:innen auf die Immobilisierung der Migrationsbevölkerung ab, welche im Rahmen des europäischen Asylsystems Schutz sucht.
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
'Der Begriff Migrant_in ist ein Oberbegriff für Zugewanderte und Abgewanderte und bezieht sich auf Personen, die von einem Land in ein anderes Land ziehen. In Deutschland gelten Personen, die im Ausland geboren und nach Deutschland gezogen sind als Migrantinnen und Migranten. Sie verfügen damit über eigene Migrationserfahrung und werden auch als Migrantinnen und Migranten "der ersten Generation" bezeichnet.'
bpb Glossar Migration – Integration – Flucht & Asyl abgerufen am 17.10.23 von https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/glossar-migration-integration/270612/migrant/
Zentrum in Belgrad, das Unterstützung für People on the move bietet. An der Entwicklung des Zetrum lässt sich gut die Entwicklung der serbischen Politik/des Umgangs mit Migration in Serbien beobachten: während das Zentrum 2015 selbstorganisiert als Nachbarschafts- & Freiwilligenzentrum entstand ("voluntarism"/"voluntourism"/"old miksaliste"), professionalisierte es sich 2016 (u.a. durch den Umzug in neue Strukturen und den Abriss des alten Zentrums) zunehmend durch die Beteiligung größerer NGOs ("Miksaliste 2.0"), während letztendlich als "one stop point Miksaliste" vom Commissariat for Refugees and Migration Republic of Serbia (CRM) übernommen wurde ("re-statization" als institutionelle Inkorporation von nicht-staatlichen migrationssbezogenen Strukturen in Staatsstrukturen).
Jovanović, T. (2020). Transformations of Humanitarian Aid and Response Modes to Migration Movements. A Case Study of the Miksalište Center in Belgrade.
"needs" können im humanitären Kontext auf unterschiedliche Weisen definiert werden. Darcy & Hofmann nennen drei zentrale Formen:
Darcy, J., & Hofmann, C. (2003). According to need?: needs assessment and decision-making in the humanitarian sector.
Von Sapoch (2018) benutzter Begriff, um Akteur:innen in Serbien zu beschreiben/zu gruppieren, die nicht-institutionell lokal agieren. Laut Sapoch handelt es sich meist um schon länger bestehende Gruppen, die sich mit "deep-seeded serbian problems" auseinandersetzen. In der Regel bieten sie v.a. "on the ground" Leistungen an, wie z.B. initiale Asylprozess-Unterstützung, generelle Informationen über die
Lage in Serbien, Erstversorgung, Weiterleitung, Bildungsarbeit und hintergründig auch Non-Food-Items Verteilung. Häufig kooperieren sie mit internationalen/institutionalisierten NGOs und werden auch über diese finanziert. Meist gibt es enge Verbindungen zu Independent groups, jedoch eine sehr divers starke Bereitschaft sich politisch zu positionieren und somit auch unterschiedliche Reaktion auf "Open Letter" der Regierung in Serbien im November 2016.
Sapoch, J. M. (2018). Europe’s Outsourced Refugees: Contextualizing NGO work in the “Calais of the Balkans”.
Begriff des Soziologen Asef Bayats. Nonmovements beschreiben „collective actions of noncollective actors“, die sich nicht unter einer gemeinsamen Ideologie oder Organisationen vereinen und stets fragmentiert bleiben. Gemäß Bayat ist Migration ein 'Non-Movement', hierbei unterscheidet sich Bayats Verständnis z.B. von dem der Autonomie der Migration. Dieser besteht darauf, dass 'Migration nicht nur eine räumliche Bewegung, sondern eben auch eine soziale Bewegung darstellt, die zu gesellschaftlichen Transformationen beiträgt'. Aber:
"Bayats Begriff der nonmovements und die Charakterisierung der Migration als soziale Bewegung in der Perspektive der Autonomie der Migration [stellen hierbei] nur oberflächlich einen Widerspruch dar. Denn beiden semantischen moves geht es um das Insistieren auf einen sozialen und politischen Gehalt der analysierten gesellschaftlichen Phänomene"(Kasparek & Schmidt-Sembdner, 2017).
Bayat, A. (2013). Life as politics: How ordinary people change the Middle East. Stanford University Press.
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Kasparek, B., & Schmidt-Sembdner, M. (2017). Towards Democracy. Die Bewegung der Migration und die Demokratisierung des europäischen Projektes. Europe–what‘s left, 175-191.
Der Begriff kann grob definiert werden als Bezeichnung für Menschen, die für relativ lange Zeiträume von einem Ort zum anderen ziehen. Obwohl der Begriff ein weit gefasster Begriff ohne rechtliche Definition ist, bietet er zwei Vorteile:
Erstens überwindet er die problematische Dichotomie, die zwischen den Status-Begriffen 'migrant' und 'refugee'herrscht. Insbesondere vermeidet er alle negativen Konnotationen, die mit bestimmten Begriffen im öffentlichen Diskurs verbunden sein können. Er vermeidet auch die Betonung des Unterschieds, die fälschlicherweise den Eindruck erwecken könnte, nur bestimmte flüchtende Personen hätten Rechte, während andere Migrierende überhaupt keine Rechte hätten.
Zweitens macht es der Begriff einfacher, die Rechte von People on the move neu zu definieren.
Pijnenburg, A., & Rijken, C. (2021). Moving beyond refugees and migrants: Reconceptualising the rights of people on the move. Interventions, 23(2), 273-293.
Von Marta Stojic Mitrovic beschriebene Phasen der serbischen Migrationspolitik/praxis:
1. Pre-emergency Period: Between Ignoring, Non Infereference and Social Conflicts
2. Migration as an Emergency and Humanitarian Approach in Serbia
3. The Securitarian Turn and Criminalization of Solidarity
4. Post-emergency discourse
Stojic Mitrovic, M. (2019). The Reception of Migrants in Serbia: Policies, Practices, and Concepts. Journal of Human Rights and Social Work, 4(1), 17-27.
Als Pushback (Englisch für zurückschieben; alternative Schreibweise: Push-Back) wird das Zurückdrängen von Migranten von den Grenzen ihres Ziel- oder Transitlandes bezeichnet. Der Ausdruck ist umstritten. Die „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“ wählte Pushback zum Unwort des Jahres 2021 und monierte, der Begriff verharmlose das Vorgehen, Menschen am Wahrnehmen ihres Grundrechtes auf Asyl zu hindern.
Wikipedia "Push-back" abgerufen am 28.11.22 von https://de.wikipedia.org/wiki/Pushback_(Grenze)
Der Begriff „Refugees“, auf Deutsch „Schutzsuchende“, soll die Bedürfnisse der geflüchteten Personen in den Vordergrund stellen, wird bisher allerdings fast ausschließlich in aktivistischen Kreisen und von einigen betroffenen Personen als Selbstbezeichnung verwendet.
Kompetenzverbund Kulturelle Integration und Wissenstransfer KIWi: Von Flüchtlingen, Geflüchteten und Refugees: Sprache über Flucht und Asyl, abgerufen am 15.07.2023 von https://www.kiwit.org/media/material-downloads/190628_hkw_kiwit_frankfurt_onlinepdf_press.pdf
"rights" sind eine Ergänzung für den "needs"-Ansatz und haben das Ziel, betroffene Menschen in humanitären Interventionen zu emanzipieren und sie als “Menschen mit Rechten” behandeln, anstatt als “Opfer der Umstände”. Menschen sollen durch diesen Ansatz nicht mehr von der Wohltätigkeit der Finanzmittelgebenden abhängig sein, um ihre “needs” zu erfüllen, sondern Personen sein die ihre Rechte einfordern können. Die Existenz von Rechten impliziert auch die von Pflichten. Der "rights"-Begriff ist daher unter anderem auch eine Erinnerung an die Pflichten der Staaten gegenüber Menschen innerhalb ihrer Hoheitsgebiete.
Der Ansatz wirde dafür kritisiert trotz einer umfangreichen Implementierung keine relevanten Veränderungen vor Ort zu erreichen.
Darcy, J., & Hofmann, C. (2003). According to need?: needs assessment and decision-making in the humanitarian sector.
Eines der 4 durch Hess & Schmidt-Sembdner definierten Paradigmen des Europäischen Grenzregimes. Unter Robusten Grenzen verstehen sie Grenzräume, die stark kontrolliert und militarisiert werden. Dies impliziert einen vermehrten Einsatz von Technologien, Digitalisierung und Biometrisierung der smarten Außengrenze. Dabei ensteht die 'Vision der Europäischen Kommission in einer smarten, technisch-wissenschaftlichen, unsichtbaren und doch selektiven Grenze, die zwischen erwünschten Reisenden und unerwünschten Migrant*innen unterscheiden kann.' (Hess & Schmidt-Sembdner, 2021).
Hess, S., & Schmidt-Sembdner, M. (2021, January). Grenze als Konfliktzone–Perspektiven der Grenzregimeforschung. In Grenzforschung (pp. 190-205). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Informelle/inoffizielle 'Unterkünfte'/Siedlungen von People on the move, häufig in Grenznähe/Nähe von Tranitzentren und -zonen. Meist kaum Zugang zu basaler Infrastruktur (Trinkwassser, Heizung, Sanitäranlagen).
Beznec, B., Speer, M., & Mitrović, M. S. (2016). Governing the Balkan route: Macedonia, Serbia and the European border regime. Rosa Luxemburg Stiftung Southeast Europe.
Staatliche eingerichtete Center/Unterkünfte für Migrant:innen, die bereits ein 72h paper besitzen. In Abgrenzung zu den Asylzentren nur als kurzfristige Anlaufstelle angedacht.
Sapoch, J. M. (2018). Europe’s Outsourced Refugees: Contextualizing NGO work in the “Calais of the Balkans”.
Einrichtung im serbisch-ukrainischen Grenzgebiet mit (Container)Infratruktur zur kompletten Abwicklung des Asylprozesses:
1. Polizei zur Registrierung der "Fluchtroute",
2. (falls zugelassen) Refugee officer, der:die den Asylantrag abwickelt
3. Richter:in, der:die über den Asylantrag (ggf. per Videocall) entscheidet.
Da Serbien als 'sicheres Aufnahmeland' gilt, ist ein positiver Entscheid recht unwahrscheinlich. In diesem Fall kann die Person direkt wieder (rechtlich ohne Pushback) nach Serbien aus der Transitzone geleitet werden. Ein weiterer Kritikpunkt sind geringe Kapazitäten: schon 2016 wurde nur 15 Menschen/Tag der Zutritt gewährt, sodass primär 'besonders vulnerable Menschen', in der Praxis i.d.R. Familien, bevorzugt werden. Hierdurch entstehen sehr lange Wartezeiten von z.T. mehreren Jahren, v.a. für alleinreisende Männer.
Beznec, B., Speer, M., & Mitrović, M. S. (2016). Governing the Balkan route: Macedonia, Serbia and the European border regime. Rosa Luxemburg Stiftung Southeast Europe.
Versicherheitlichung (englisch Securitization, manchmal auch Sekurisation genannt) ist ein Konzept in der politikwissenschaftlichen Teildisziplin Internationale Beziehungen. Der Begriff beschreibt, dass ein Sachverhalt als Sicherheitsproblem wahrgenommen oder zu einem gemacht wird. Dieses „auf die Sicherheitsagenda setzen“ kann dazu führen oder mit dem Ziel verfolgt werden, einen größeren Handlungsspielraum bei der Bearbeitung dieses Sachverhalts zu erlangen und weitreichendere Maßnahmen politisch durchsetzen zu können.
Wikipedia 'Versicherheitlichung', abgerufen am 10.08.23 von https://de.wikipedia.org/wiki/Versicherheitlichung