needs & rights

In den letzten zwei Semestern haben wir gemeinsam viel darüber diskutiert, was needs needs sind und welche Bedeutung sie im Kontext des europäischen Grenzregimes haben. Uns interessierte die Frage, welche ‘needs’ von People on the Move erkannt und als relevant angesehen werden. Wir sind uns zwar einig, dass alle Menschen needs haben, doch die entscheidende Frage ist, welche needs erkannt und als relevant angesehen werden. Denn im Migrationsregime werden anhand dieser wahrgenommenen needs werden (humanitäre) Interventionen initiiert und geplant. Wir haben uns somit mit der Frage um Wissensproduktion über Migration beschäftigt, denn needs, needs assesments und needs-Analysen sind grundlegende Bausteine der Interventionslogik und des daraus resultierenden Diskurses. Für uns ist die Auseinandersetzung mit ‘needs’ und daher politisch relevant.
Die Folgenden Definitionen von needs stammen daher in erster Linie aus dem humanitären Feld. needs können im humanitären Kontext auf unterschiedliche Weisen definiert werden. Darcy & Hofmann (2003, S.16f.) nennen drei zentrale Formen: (1) Als generelle Bedürfnisse von Menschen, (2) als Defizite der untersuchten Gruppe oder (3) als Notwendigkeit einer bestimmt Form von (humanitärer) Unterstützung.
Die erste dieser Definitionen (1) ist zu kritisieren, da die Anforderungen an ein würdevolles (Über-)Leben unterschiedlich aufgefasst werden und daher nur wenige generelle needs für alle Menschen festgelegt werden können. Die zweite Definition (2) ist demgegenüber flexibler und ermöglicht es, die Stimmen der Betroffenen einzubinden. Es besteht allerdings die Gefahr, dass diese Defizite normalisiert  werden oder nicht genannt werden, da sie für die Betroffenen schon normalisiert sind. Die dritte (3) orientiert sich an den Ressourcen, welche den humanitären Akteur*innen zur Verfügung stehen und läuft Gefahr, den Blick für die Komplexität der Situationen zu verlieren.
In den Projekten dieses X-Tutoriums wurde versucht, die zweite Definition zu verwenden.
Im Kontext des Migrationsregimes tragen von Migration in Serbien, wird mit Hilfe von humanitären Akteur*innen dazu bei, dass ein Krisennarrativ erzeugt wird, welches welches außergewöhnliche Maßnahmen rechtfertigt (Saez & Bryant, 2023, S. 20). Diese ‘humanitären Krisen’ gelten als sind Ausnahmesituationen, in denen das Leben oder Wohlbefinden vieler Menschen in Gefahr ist. In der Regel deklarieren humanitären Akteur*innen eine humanitäre Krise, um Einsätze und die Mobilisierung von Ressourcen zu ermöglichen (ebend.). Die Entscheidung darüber, was eine Ausnahmesituation ist und was nicht, ist dabei subjektiv (ebend.). needs bilden dabei die Grundlage für die Rechtfertigung, Mobilisierung und die Planung der Intervention.
rights sind in der humanitären Hilfe eine Ergänzung für den needs-Ansatz und haben das Ziel, betroffene Menschen in humanitären Interventionen zu emanzipieren und sie als ‘Menschen mit Rechten’ zu behandeln, anstatt als ‘Opfer der Umstände’. Menschen sind aus dieser Perspektive nicht bloß sollen durch diesen Ansatz nicht mehr von der Wohltätigkeit der Finanzmittelgebenden abhängig sein, um ihre “needs” zu erfüllen, sondern ermächtigt dazu, ihre Personen sein die ihre Rechte einzufordern können. Die Existenz von Rechten impliziert auch die Pflicht, diese zu gewähren. Der rights-Begriff ist daher auch eine Erinnerung an die Pflicht der Staaten, die Rechte der Menschen innerhalb ihrer Hoheitsgebiete zu schützen.
Der Ansatz wurde dafür kritisiert, dass trotz einer umfangreichen Implementierung in Schrift und Sprache von humanitären Akteur*innen keine relevanten Veränderungen vor Ort zu erreicht wurden.

Literatur

Darcy, J., & Hofmann, C. A. (2003). According to need. Humanitarian Policy Group Report, 15, 5. (Kapitel 2, S.13 -23)

Saez, P., & Bryant, J. (2023). Understanding the role of narratives in humanitarian policy change. HPG working paper. London: ODI (https://odi. org/en/publications/understandingthe-role-of-narratives-in-humanitarian-policy-change/)